BNN - Ausgabe Bruchsal vom 21. Februar1998

Kirche und Pfarrerin sollen im Dorf bleiben

Ein "Westfälischer Friede" liegt noch in weiter Ferne

Christusgemeinden von Unter- und Obergrombach wehren sich nach wie vor vehement gegen Beschlüsse der Kirchenleitung

Bruchsal-Untergrombach (bm.-). Katholische Verhältnisse nun auch in evangelischen Kirchengemeinden? Die einen müssen des Priestermangels wegen Pfarreien zusammenlegen, die anderen ob der schwindenden Kirchensteuereinnahmen Pfarrerstellen streichen. Entsprechende Kürzungsvorgaben der Landessynode hat der jeweilige Bezirkskirchenrat umzusetzen und dem Dekan fällt die unerquickliche Aufgabe zu, die getroffenen Beschlüsse zu verteidigen. Die davon betroffenen Gemeinden sind gegen (aus ihrer Sicht nachteiligen) Veränderungen. Und wenn es zu protestieren gilt, sind die Protestanten zur Stelle.

So geschehen in einer außerordentlichen Gemeindeversammlung in der geradezu weihnachtlich voll besetzten Untergrombacher Gustav-Adolf-Kirche, wo wortgewaltige Lutheraner unter der Fahne des glaubenstreuen Schwedenkönigs die Klingen kreuzten, ohne am Ende einen Westfälischen Frieden geschlossen zu haben.

Dekan Wolfgang Brjanzew ging nochmals ausführlich auf die mit dem Strukturplan verbundenen, "notwendigen" Stellenkürzungen ein (wir berichteten mehrfach). Auf dem geduldigen Papier "ändert sich für Unter- und Obergrombach nichts". Die bisherige halbe Pfarrstelle bleibt (die andere Hälfte ist der Krankenhausseelsorge zugeordnet), Paul-Gerhardt in der Bruchsaler Südstadt wird jedoch auf eine halbe Stelle verkürzt, die Christusgemeinden Unter- und Obergrombach sollen mit Paul-Gerhardt zu einer Pfarrstelle zusammengefaßt werden (die Krankenhausseelsorge würde zukünftig von einem Diakon übernommen werden). Der Haken aus der Sicht der Unter- und Obergrombacher: Wohnsitz des Pfarrers oder der Pfarrerin wäre das Pfarrhaus "in der fernab gelegenen Bruchsaler Südstadt".

Daher befürchten die beiden Christusgemeinden, daß die "alten mißlichen Verhältnisse" wieder einkehren, als sie schon einmal von Paul-Gerhardt versorgt wurden. In Obergrombach waren die Zustande noch leidiger, einmal gehörten die dortigen Evangelischen zu Heidelsheim, dann gar zu Jöhlingen und später zu Bruchsal.

Seit Unter- und Obergrombach eine eigenständige Gemeinde mit eigenem Pfarrer/Pfarrerin wurde, blühte das kirchliche Leben auf, Jugendgruppen bildeten sich, der Kirchenbesuch nahm deutlich zu, vor allem kam es zu einer besonders gedeihlichen Brüderlichkeit mit den katholischen Mitchristen am Ort. Und die papierene Rechnung geht aus der Sicht der Gemeindeglieder auch aus einem anderen Grund nicht auf: Pfarrerin Bender und ihr Mann, der im Bruchsaler Krankenhaus den Dienst versieht, leisteten in ihren Gemeinden weit mehr Stunden als in ihrem halben Deputat festgeschrieben.

Der Dekan sagte sogar noch Predigtunterstützung durch die Bruchsaler Lutherpfarreien zu. Doch er konnte die Befürchtung eines "Rückfalls in alte, schmerzliche Zeiten" nicht zerstreuen, die Gemeindeglieder wollen ihre beiden "Pfarrers" mitten unter uns" haben und nicht, "ferngesteuert von Bruchsal bedient", abgespeist werden.

Überhaupt, so wurde beklagt, vernichte nun auch die Kirche wie die freie Wirtschaft rigoros Arbeitsplätze, ohne sich genügend um Einnahmeverbesserungen zu kümmern, ohne andere Arbeitsmodelle (Altersteilzeit etwa) anzubieten und zu erproben. Der viel geplagte Dekan Brjanzew sieht indes "keine Möglichkeit, in der Grundsatzstruktur etwas zu ändern", die Gemeindevertreter ersuchten den Bezirkskirchenrat jedoch, "nochmals nachzudenken". Sie werden nicht so beharrlich schweigen, wie ihre in der Versammlung zum Schweigen verurteilte, sonst überaus gesprächig-schlagfertige Pfarrerin echt Pfälzer Geblüts - eine schlimmere Buße hätte man ihr nicht auferlegen können! Doch ein Trost bleibt ihr: Die hier mit ihrer Familie in Grombachs Brüchle wohnende Frau hat jedenfalls erleben dürfen, daß ihre Gemeinde wie ein Mann unverbrüchlich zu ihr steht.