Ein besonderes Geburtstagsfest für Katharina von Bora
Einfühlsame Annäherung an die "Lutherin"
Frauenkreis der Christusgemeinden würdigte Käthe als weitsichtige, bodenständige Christin
Bruchsal-Untergrombach. Ein halbes Jahrtausend trennt uns von Martin Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Wer war diese Frau? Von dem, was sie gedacht und gesagt hat, ist uns wenig überliefert. Jede Zeit hat ihre Werte in sie hineinprojiziert", erklärte Marlene Bender, Pfarrerin der evangelischen Christusgemeinden Unter- und Obergrombach. "Käthe galt als Mitstreiterin des Reformators, Ideal einer protestantischen Pfarrersfrau, derbe Bäuerin, ergebene Dienerin und schließlich als Unternehmerin und Vorkämpferin der Frauenbewegung." Eine Annäherung an "die Lutherin" versuchte der Frauenkreis der Christusgemeinden mit einem Fest zum 500. Geburtstag, unterstützt von der Frauenbeauftragten der Stadt Bruchsal, Inge Ganter.
Der Erlös - insgesamt 2 500 Mark - soll dem Förderverein der Pfarrei zugute kommen. Inge Ganter würdigte dessen Anliegen, die Pfarrstelle am Ort zu erhalten, und lobte den Einsatz des Frauenkreises. "Viel zu viele Frauen verstecken sich hinter ihrem Ehrenamt", sagte die Frauenbeauftragte, "auf diesem Fest können sie sich präsentieren."
Einige Frauen trugen mit historischen Kostümen etwas von der Atmosphäre des frühen 16. Jahrhunderts in die voll besetzte Gustav-Adolf-Kirche. Pfarrerin Bender erläuterte in ihrer Laudatio die Glaubensgrundsätze Katharinas vor dem Hintergrund ihrer Zeit: "Gott will, dass ich meinen Glauben in der Welt lebe" - diese Überzeugung habe sie zur Flucht aus dem Kloster bewogen. "Die in der Heiligen Schrift bezeugte Botschaft kennt kein Zölibat" - in dieser Erkenntnis habe die ehemalige Nonne die Ehe mit einem früheren Mönch geschlossen. "Mein Herr Käthe", habe Luther sie genannt, "Predigerin", "Brauerin" und "Gärtnerin". Er habe sie aber auch kritisiert, habe etwa beanstandet, dass sie zu wenig in der Bibel lese.
"Ich habe im Kloster lange genug in der Bibel gelesen,
jetzt muss ich erst einmal tun was ich gelesen habe", lässt Christine
Brückner Katharina in ihrer "Tischrede" sagen, eine der "Ungehaltenen
Reden ungehaltener Frauen". Auch dieser Monolog projiziert Werte einer
Zeit - der unsrigen - in die historische Gestalt hinein. Frau Luther verlangt
nach einer gewissen Gleichberechtigung - "unser Tisch, unser Sohn, unser
(aller) Gott" - und nach Anerkennung ihrer Verdienste um eine Hauswirtschaft,
die in der Tat Managementqualifikationen erfordert.
Katharinas Verlangen stößt allerdings
an die Grenzen ihrer Zeit - Grenzen, die in der Koralle-Aufführung
der Inszenierung von Hermann Bischoff einmal mehr deutlich wurden.
Edelgard Kenngott spielte Käthe Luther als eine Frau, die über die Widrigkeiten und Beschränkungen ihres Lebens hinausschaut, dagegen anredet und sich dennoch darein fügt, nachsichtig, gelassen und mit einer Portion Humor: "Ora et labora - bete du nur, Martinus, ich arbeite für dich." Bodenständig, aber keineswegs hausbacken, begegnet sie den praktischen Problemen des Alltags souveräner als ihr in Gelehrtenkreisen hoch angesehener Mann: "Pferdemist in Rotwein gekocht ist gut gegen Husten, und wenn du ihn nicht trinken willst, dann huste auch nicht!"
Zu Katharinas Geburtstag hatten die Quilterinnen des Frauenkreises
in 199 Stunden geduldiger Arbeit eine bunte Decke hergestellt. Der Quilt
"Katharina" wurde im Garten hinter der Kirche auf amerikanische Weise versteigert.
Ein anonymer Gönner hatte 500 Mark als Grundstock gegeben. Beim Bieten
in Schritten ab zwei Mark die Münzen kamen jeweils direkt in die Kasse
- wuchs der Betrag rasch, und am Ende purzelten die Zahlen davon. Die nachträgliche
Auszählung ergab 1400 Mark: eine Zahl, die Katharinas Geburtsjahr
1499 ziemlich nahe kommt. (Sibylle Orgeldinger)